Rezension zu Thilo Scholle, Hugo Haase - Anwalt und Abgeordneter im Zentrum der Sozialdemokratie, 2019 und
Karsten Krampitz, "'... und wir sind unendlich verarmt", Deutschlandfunk 8.10.2019
Vor hundert Jahren wurde einer der bedeutendsten deutschen Politiker des Ersten Weltkriegs und der Weimarer Republik ermordet. Aus diesem Anlaß wird noch einmal an seine Leistung erinnert. Das ist auch in anderen Beiträgen geschehen.
Thilo Scholle hat einen Abriß seines Lebens geschrieben, der zuverlässig alles enthält, war Hugo Haase ausgezeichnet hat.
Dieses Büchlein ist geeignet nachzuvollziehen, was dieser Politiker der SPD leistete, vor allem seinen Widerstand gegen den Krieg. Haase war ein Meister des Kompromisses, aber in entscheidende Fragen von einer bewunderungswürdigen, unbeugsamen Konsequenz.
Philipp Scheidemann reklamierte diese Tat für sich, aber selbst das Bundesarchiv beschreibt diese Darstellung als "schwierig". Eine genauere Betrachtung der historischen Fakten legt nahe, dass Scheidemann selbst diesen Mythos schuf und mit nachgelieferten Photografien untermauerte.
Der 1. Weltkrieg hatte deutliche Auswirkungen auf die Lebensbedingungen der Bürger im Berliner Stadtteil Friedenau. Hier lebten deutschnational wie auch sozialdemokratisch und kommunistisch eingestellte Menschen. Die Erfahrungen des Krieges spielten auch eine Rolle für die Hoffnungen und Sorgen, die mit dem Beginn der Weimarer Republik 1919 verbunden waren. In seinem detailreich recherchierten Aufsatz gelingt es Ernst Albert Seils die Sphäre der großen Politik mit dem Blick auf den Alltag der Menschen zu verbinden.
Zusammenfassung der Rede für 1000dokumente.de.
Nachdem der Erste Weltkrieg trotz entsetzlicher Blutopfer nach zwei Jahren und vier Monaten zu keinem Ergebnis geführt hatte, angesichts der Versorgungskrise und verbreiteten Kriegsmüdigkeit der Bevölkerung, des sich formierenden Widerstandes gegen den Krieg, kam die deutsche Regierung zu der Erkenntnis, daß der Verständigungsfrieden gesucht werden müsse. Reichskanzler Bethmann Hollweg versuchte, am 12. Dezember 1916 in einer Sondersitzung des deutschen Reichstags mit einer rhetorisch geschickten Rede die deutschen Reichstagsfraktionen, deren Mehrheit weitgespannte expansive Kriegsziele verfolgte, dafür zu gewinnen.
Das Buch 'Friedenau - Ausdem Leben einer Landgemeinde 1871 - 1924' zeigt die Vorgänge in einem Berliner Vorort im Vorfeld, während und nach dem Ersten Weltkrieg. Zum Zeitraum des Ersten Weltkriegs ist viel Interessantes zu finden: Herangezogen wird als Quelle der Friedenauer Lokalanzeiger, der im Internet zu haben ist. Die Berichterstattung dort war von deutschnationalem Geist geprägt. Insofern entsteht kein objektives Bild. Aber die Vorgänge der Versorgung mit Lebensmitteln werden sehr genau wiedergegeben. Wo das Bild lückenhaft wird, werden die Gegebenheiten aus anderen Zeitungen und der Kenntnis der Zusammenhänge ergänzt.
Weiterlesen: Rezension: Friedenau - Aus dem Leben einer Landgemeinde